Am 03. April 2025 fand an der Hochschule für Technik Stuttgart das 3. Energie- und Klimaforum statt. Geladen wurden Fachexpertinnen und -experten sowie Führungskr?fte der Energie-, Geb?ude- und Verkehrswirtschaft.

Wie gestalten wir die Energieversorgung der Zukunft, welche Rolle spielen E-Mobilit?t, W?rmepumpen und Photovoltaik auf Quartiersebene und wie reagieren Verteilnetze auf die steigende Nachfrage nach erneuerbaren Energien? Diese und weitere Fragen diskutierten Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis am vergangenen Donnerstag im Rahmen des 3. Energie- und Klimaforum an der Hochschule für Technik in Stuttgart. Die Veranstaltung wurde in Kooperation mit der Stadt Stuttgart und den Stadtwerken Stuttgart abgehalten. Organisiert wurde die Veranstaltung unter anderem von dem Forschungsprojekt SektorSim? (gef?rdert durch die Carl-Zeiss-Stiftung) und der Forschungspartnerschaft iCity. Diese wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund 10 Mio. € im Rahmen der F?rderma?nahme ?Starke Fachhochschulen – Impuls für die Region“ (FH-Impuls) gef?rdert. 

Er?ffnet wurde die Veranstaltung von der Rektorin der Hochschule, Prof. Dr. Katja Rade, welche die besondere Relevanz des Veranstaltungsthemas angesichts der zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels betonte und die Rolle der Wissenschaft im gesellschaftlichen Transformationsprozess einordnete. ?Uns ist es ein Anliegen, den Transfer von Innovationen voranzutreiben. Das hei?t, wir wollen an der Zukunft arbeiten – und wir freuen uns sehr, dass Sie heute hier sind und das mit uns gemeinsam tun werden.“, so Rade mit Blick auf die aktuellen politischen Entwicklungen. Auch verwies sie auf die Potenziale des neuen Klimatransformationsfonds und appellierte an die Anwesenden, die sich daraus ergebenden Chancen für konkrete Beitr?ge zur Erreichung der Klimaneutralit?t bis 2045 zu nutzen.

Im Anschluss folgten sechs Impulsvortr?ge.  Den Anfang machte Prof. Dr. Lutz Gaspers, Professor für Mobilit?t und Verkehr und Leiter des gleichnamigen Forschungszentrums. Mit einem Blick auf Mobilit?tsverhalten, Ladegewohnheiten und der Simulation von Strombedarfen in unterschiedlichen Quartierstypen skizzierte er, wie sich eine wachsende Anzahl batterieelektrischer Fahrzeuge auf die Stromnetze auswirken k?nnte. Er erl?uterte, dass vor allem abendliches Laden zu Netzbelastungen führen würde und dass in den verschiedenen Quartieren ?hnliche Mobilit?tsmuster zu beobachten seien. ?PKW sind Stehzeuge“, so Gasper mit Blick auf die lange Standzeit von Autos, die wiederum Potenzial für gesteuertes Laden bieten würde. Abschlie?end betonte er, dass die Mobilit?tswende nicht isoliert betrachtet werden k?nne, sondern im Kontext der Energie- und W?rmewende gesehen werden müsse – eine thematische Brücke zum folgenden Impuls. In diesem lieferte Prof. Dr. Bastian Schr?ter, Professor für Energietechnik sowie Leiter des Zentrums für nachhaltige Energietechnik und des Forschungsprojekts SektorSim?, einen ?berblick über die Herausforderungen und Potenziale der Sektorenkopplung im urbanen Raum und schlug dabei den Bogen von den zuvor gezeigten Mobilit?tstrends hin zu einer gesamtheitlichen Betrachtung der Energieversorgung auf Quartiersebene. 

Er stellte sieben sogenannte Quartiersarchetypen vor, die sich durch unterschiedliche bauliche und soziale Strukturen sowie infrastrukturelle Gegebenheiten auszeichnen – vom klassischen Einfamilienhausgebiet bis hin zu verdichteten Innenstadtquartieren. Diese Archetypen seien entscheidend, um die technologischen Hochl?ufe bei Photovoltaik, W?rmepumpen und Elektromobilit?t realit?tsnah abzubilden. Anhand eines Modellquartiers aus Stuttgart zeigte Schr?ter auf, wie mithilfe eines 3D-Geb?udemodells sowie realer Stromnetz- und Verbrauchsdaten die zu erwartenden Netzauswirkungen durch den wachsenden Energiebedarf berechnet werden k?nnen. Das langfristige Ziel: Ein skalierbares Planungstool, mit dem Kommunen und Netzbetreiber deutschlandweit die Entwicklung ihrer Quartiere analysieren und entsprechende Strategien für Netzausbau oder Lastmanagement ableiten k?nnen.

Im anschlie?enden Vortrag beleuchtete Daniel Mayer von Stuttgart Netze die Herausforderungen und Chancen der strategischen Stromnetzplanung. Unter dem Titel ?Warum Net Zero nicht mit Zero Net(-zausbau) funktioniert“ zeigte Mayer auf, wie die zunehmende Sektorenkopplung – insbesondere durch die Integration von Mobilit?t und W?rme in das Stromsystem – neue Anforderungen an die Infrastruktur stelle. In Stuttgart bedeute dies eine Vervielfachung der Ladepunkte für E-Fahrzeuge, eine Zunahme von W?rmepumpen sowie eine st?rkere Nutzung von Dachfl?chen für PV-Anlagen. Gleichzeitig seien gro?fl?chige Anlagen wie Windparks in der dichten urbanen Struktur kaum umsetzbar, was die Komplexit?t der Transformation zus?tzlich erh?he.

Ulf Hummel, Abteilungsleiter für W?rme und Quartiere bei den Stadtwerken Stuttgart, stellte im vierten Vortrag die Ziele und Herausforderungen der kommunalen W?rmeplanung vor. So sollen weitere 40.000 Wohneinheiten in Stuttgart bis 2035 mit klimaneutraler W?rme versorgt werden. Der Fokus liege dabei auf kostengünstigen und dezentralen L?sungen, wie der Nutzung von Umweltw?rme und W?rmepumpen. Ein zentrales Projekt sei der Bau eines W?rmenetzes im Synergiepark Vaihingen, wobei die gr??te Herausforderung die Fl?chensicherung in dicht bebauten Gebieten darstelle. Hummel stellte in seinem Vortrag auch die Bedeutung von Flexibilisierung und Speichern dar, um die Energieversorgung stabil und kostengünstig zu gestalten, insbesondere durch die steuerbare Nutzung von Stromspitzen.

Im Anschluss folgten zwei Impulsvortr?ge, welche die Thematik aus der Perspektive von Unternehmen erweiterten: Frederik Janzen, Mitgründer und CTO des Startups HeatPump23, pr?sentierte in seinem Vortrag eine Etagenw?rmepumpe, die es erm?glicht, einzelne Wohnungen in Mehrfamilienh?usern CO2-neutral umzurüsten, ohne dass das gesamte Geb?ude betroffen ist. Janzen erkl?rte, dass diese L?sung nicht nur technisch ausgereift sei, sondern auch die Installation für Handwerker vereinfachen würde, was einen schnellen und unkomplizierten Wechsel von Gasetagenheizungen auf W?rmepumpen erm?glicht. Die ersten Feldtests seien vielversprechend gelaufen, und das Unternehmen strebe an, die Technologie bis Ende 2025 auf den Markt zu bringen.

Anschlie?end betrat Alexandra von Bülow von Octopus Energy die Bühne, um das Thema Flexibilit?t im Energiemarkt zu beleuchten. Sie stellte unter anderem die flexiblen Tarife des Unternehmens vor, welche auf Ver?nderungen im Stromverbrauch reagieren. Dabei hob sie den "Fanclub"-Tarif besonders hervor, bei welchem Kunden von günstigen Strompreisen profitieren k?nnen, wenn sie ihren Verbrauch an die Windkraftproduktion anpassen. Diese Produkte würden nicht nur die Kostenersparnis für die Endverbraucher f?rdern, sondern auch zur Akzeptanz erneuerbarer Energien beitragen. 

Im Anschluss an die Vortr?ge folgte eine Paneldiskussion, bei der die Expertinnen und Experten ihre Perspektiven zur Energiewende und zu den Herausforderungen der n?chsten Jahre austauschten. Bastian Schr?ter hob dabei hervor, dass die Herausforderungen der Energiewende nicht nur im Einfamilienhausbereich, sondern vor allem in urbanen Quartieren bestehen, wo noch nicht alle L?sungen klar und umsetzbar sind. Daniel Mayer betonte die Bedeutung des Austauschs zwischen Forschung und Praxis, w?hrend Ulf Hummel auf die wirtschaftlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen hinwies, die entscheidend für den Erfolg der Energiewende sein werden. Alexandra von Bülow rief zu mehr Innovation und Verantwortung auf, um die Energiewende auch für alle gesellschaftlichen Schichten zug?nglich zu machen und Frederik Janzen betonte, dass es beim Thema W?rme nicht diese eine Patentl?sung g?be und geben wird und die Entwicklung diverser L?sungen essenziell sei. 

Ver?ffentlichungsdatum: 09. April 2025
Von Lisa Bittmann (lisa.bittmann@hft-stuttgart.de)